Ende März wurden in Steffisburg die zwei neuen Wasserräder an der Zulg eingeweiht
- waibel6
- 24. Apr.
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Textquelle: Zulgpost, Ausgabe April 2025, Nr. 4
«Wir sind stolz auf die wunderbare Wasserschöpfanalage.» Die Freude stand dem Steffisburger Gemeinderat Marcel Schenk ins Gesicht geschrieben, als er vor viel Publikum und bei strömenden Regen das neue Wahrzeichen von Steffisburg offiziell dem Betrieb übergab. Gemeint sind die zwei neuen Wasserräder bei der Müllerschwelle an der Zulg die den historischen Mühlibach nun mit Wasser aus der Zulg versorgen. «Das Projekt hat eine lange Geschichte hinter sich», fuhr der Departementsvorsteher Tiefbau und Umwelt, fort, bevor sich die beiden Wasserräder in stoischer Ruhe zu drehen begannen. Im Jahre 2007 habe diese begonnen, als sich die Gemeinde entscheid an der Zulg ein Projekt für den Hochwasserschutz zu starten. Der Spatenstich zur ersten Bauetappe erfolgte im Oktober 2022, bevor im Jahr 2023 die Bauarbeiten am Herzstück des Projektes Hochwasserschutz und Längsvernetzung an der Zulg begann. Es ging darum die Sohle der Zulg zwischen dem Gummsteg und der Müllerschwelle abzusenken.

Ursprünglich Schneckenpumpe
Mit dem Absenken der über hundertjährigen Müllerschwelle um zwei Meter im Herbst 2023, galt es eine neue Lösung zu finden um den historischen Mülibach durch das Dorf Steffisburg künftig mit Wasser aus der Zulg zu versorgen. Dabei stand die Frage im Raum, wie kann man das Wasser aus der Zulg, zwei Meter auf das Niveau des Mülibachs in die Höhe hieven? Zumal als Folge der Absenkung der Müllerschwelle, der Mülibach nicht mehr auf natürlichem Weg mit Wasser versorgt werden konnte. Ursprünglich wollte die Gemeinde diese Lücke mittels zwei elektrisch betriebenen Schneckenpumpen überbrücken. Doch nach einem Postulat im Grossen Gemeinderat, wurden weitere, vorab ökologische Varianten geprüft.
Einzigartig in der Schweiz
Entstanden ist nun ein schweizweites Novum: Ein Wasserrad mit einem Durchmesser von 5,5 Metern, das vom fliessenden Zulgwasser angetrieben wird. Dieses wiederum treibt ein zweites Wasserrad an, welches das feuchte Nass in die Höhe hievt und so den Mülibach mit Zulgwasser speist. Inspiriert wurden die Steffisburger durch ein ähnliches Projekt an der Glatt im Kanton Zürich. Dabei haben eine Machbarkeitsstudie und weiterführende Berechnungen der Empa, sowie computertechnische Simulationen gezeigt, dass es funktioniert. Allerdings wurde das wasserschöpfende Rad, gegenüber ersten Modellen leicht angepasst. In Modellversuchen zeigte sich, dass mit den ursprünglich geplanten zylindrischen Eimern der Wasserfluss nicht optimal war. Mit der neu ausgeklügelten Methode und schräg angelegten Kammern, fliesst das Wasser jetzt gleichmässig in den Mülibach. Mit dem System kann auch der Wasserdurchlauf im Mülibach gesteuert werden. Die beiden Wasserräder sind das Ergebnis einer langen Planung und viel Experimentierfreude.
Quelle: Stefan Klossner
Mit Fischtreppe
Wasser sprudelt derzeit ebenso durch die Fischtreppe, die ebenfalls im Rahmen der Absenkung der Müllerschwelle realisiert wurde. Der sogenannte Mäanderfischpass ist der erste dieser Art im Kanton Bern. Er besteht aus 17 Becken und überwindet eine Höhe von 3,6 Metern. Er soll vorallem von Forellen und Groppen genutzt werden. Es dürfte allerdings einige Zeit dauern, bis sie von Fischen angeschwommen wird. Es ist deshalb frühestens im Herbst 2025 geplant ein entsprechendes Monitoring durchzuführen. Für das Gesamtprojekt Hochwasserschutz und die Längsvernetzung an der Zulg hatte das Stimmvolk im März 2021 einen Kredit von 14,2 Millionen Franken genehmigt. Den grössten Teil übernehmen Bund und Kanton. Steffisburg bezahlt rund 4,58 Millionen Franken. Mit einer Million Franken schlägt die neue Lösung für die ökologische Wasserversorgung des Mülibachs zu Buche. Dies sind rund 720 000 Franken mehr, als das ursprüngliche Projekt mit Schneckenpumpen. Marcel Schenk zeigte sich zum Schluss sehr erfreut, dass sich für das Wasserradprojekt zahlreiche regionale Firmen «mit viel Herzblut engagiert haben.»
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